Südafrika klingt noch immer nach Abenteuer und Wildnis. Beides findet man an der Garden Route. Eine Region, die zur Wiederkehr verführt.
Da stehen Sie nun. Würdevoll, majestätisch. Rüssel bewegen sich langsam hin und her, sprühen Wasser über die erhitzten, vom Schlammbad in rotbrauner Erde verkrusteten Körper. Tasten sich gegenseitig ab, als ob sie sich vergewissern wollen, dass alles in Ordnung ist. Große Ohren schwanken wie Segel im Wind, vor und zurück, vor und zurück. Ab und zu trompetet eine Elefantenkuh, offensichtlich die Anführerin der Herde, ihren Unmut über zu viel Gedränge am Wasserloch in die Nachmittagshitze. Sofort kehrt wieder Ruhe und unsichtbare Ordnung ein, nimmt jeder den ihm zustehenden Platz in der Gruppe ein. Lebhafter wird es erst, als ein junger Elefant im Schlamm ausrutscht und versucht, wild rudernd sich wieder aufzurichten. Schnell trotten andere herbei, um ihm zur Seite zu stehen. So still es nach dem kleinen Zwischenfall auch wieder ist, in einer Elefantenherde herrscht mehr Kommunikation als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Von wegen Dickhäuter. Höchst sensibel reagieren die Elefanten Südafrikas auf ungewöhnliche Geräusche oder hektische Bewegungen. Wer sie aus zwanzig Metern Nähe einmal länger beobachtet hat, wird ewig fasziniert sein von ihrer Erhabenheit, ihrer Kraft, dem graziösen Gang und den wachsamen Augen. Man kann ihnen stundenlang schweigend zuschauen und vergisst dabei Zeit und Raum. Ein grandioses Schauspiel, das alleine schon den Weg nach Südafrika wert ist.
Land im Aufbruch
Südafrika ist so reich an Naturschätzen, atemberaubenden Landschaften und einer faszinierenden Tierwelt, dass die Wahl, was man sich unbedingt ansehen sollte, nicht leicht fällt. Die 500 Kilometer lange „Garden Route“ von Witsand bis zum Tsitsikamma National Park belegt bei der Auswahl mit Sicherheit einen Spitzenplatz. Zu ihren Attraktionen zählen eine großartige Vielfalt an Wäldern und Bergen, Seen und spektakulären Küsten, ein sattes Grün in allen Schattierungen und einem Blau des Himmels und des Indischen Ozeans, das seines Gleichen sucht. Man gerät ins Schwärmen, was auch an dem alles verklärendem Licht liegt, das die Landschaften und die Farben der Ortschaften intensiver erscheinen lässt als es unsere europäischen Augen gewohnt sind.
Schutz der Elefanten
Hier ziehen private Wildparks wie die Elephant Sanctuary „The Crags“ die Besucher an. Der Ort liegt etwas abseits der Hauptstrasse, die nach Plettenberg Bay führt. Das Team, das schon seit 25 Jahren mit Elefanten lebt und arbeitet, kümmert sich liebevoll um Marula, Jabu, Thano, Thaba, Tumelo, Mopane und die anderen. Die erkrankten Elefanten werden hier gesund gepflegt und an Menschen gewöhnt. Man kann, Hand am Rüssel, mit ihnen spazieren gehen, einen Ausritt unternehmen und ihnen beim Baden zusehen, erfährt aber auch alles Wissenswertes über das Leben der faszinierenden Tiere. Danach wird man sicher keinen Elfenbeinschmuck mehr kaufen. Wenn sie völlig gesund sind, werden sie wieder ausgewildert. „Das funktioniert auch, denn Elefanten sind die intelligentesten Tiere der Welt“, versichert man uns „sie gewöhnen sich sehr schnell an neue Umgebungen und Bedingungen.“ Trotz ihres trottenden Gangs gehen sie eigentlich auf Zehenspitzen und können mit ihrer Ferse schon sehr früh ein nahendes Unwetter erfühlen und reagieren.
Wer das Meer liebt, findet an den endlosen Sandstränden von Plettenberg Bay sein Paradies, ein idealer Platz, um Wale, Robben und Delphine zu beobachten. Oder eine Wanderung im Robberg Nature Reserve unternehmen, die Umrundung der Halbinsel dauert etwa einen halben Tag und bietet spektakuläre Küstenszenerien und Ausblicke auf den Indischen Ozean. Charmante Städte wie George, Knysna und Cape St. Francis verbreiten ein „easy living“ Ambiente, wobei vor allem in Knysna, der alten Holzfällerstadt, die Mischung aus Tradition und Moderne gelungen ist. Natürlich darf auch der Krüger National Park in keinem Südafrika-Programm fehlen, aber manch einer stellt zu Recht den 51.000 Hektar großen Addo Elephant National Park, 80 Kilometer nördlich von Port St. Elizabeth gelegen, auf die gleiche Stufe. Hier leben etwa 400 Elefanten, die man an Wasserlöchern oder in der Steppe aus der Nähe beobachten kann. Aus den legendären „Big Five“ Elefant, Nashorn, Leopard, Löwe und Büffel werden in Addo sogar die „Big Seven“, denn mit der Colchester und Woody Cape Section wurde der Park bis zur Küste hin erweitert, so dass auch Wale und Haie beobachtet werden können.
Kleinode am Wegesrand
Nehmen sie den Ort Wilderness zum Beispiel. Der heißt tatsächlich so, wächst und gedeiht und hat nur noch wenig zu tun mit der Gegend, die einst als der wildeste Teil Südafrikas galt. Eine passende Geschichte gibt es gleich dazu: Ein junger Mann wollte einst die Tochter eines Reichen heiraten. Der gab seinem Schwiegersohn in spe jedoch nur seine Einwilligung, wenn er ihm die wildeste Ecke Südafrikas zeigen würde. Er war weit gereist, kannte fast jeden Winkel des Landes und war ziemlich sicher, dass die Bedingung kaum zu erfüllen sei. Doch er hatte die Rechnung ohne die einst gottverlassene Gegend an der Südküste gemacht. Der junge Mann ging mit ihm nach Wilderness und bekam die Tochter und die Liebe seines Lebens. Heute ist der Ort auch bei Südafrikanern sehr beliebt, an vielen Ecken werden kleine Häuser gebaut. Wilderness hat ein Stück seiner Wildheit bewahrt, einen wunderbaren, endlos erscheinenden Sandstrand und eine Brandung, auf der am Nachmittag die Wellenreiter mit den Delphinen um die Wette tanzen. Die Garden Route ist darüber hinaus immer für eine Überraschung gut. Nur wenige verirren sich zum Storms River Village am Fuße der Tsitsikamma Mountains, obwohl es ein Hotel gibt und Mountain-Safaris angeboten werden. Es ist nicht die einzige liebenswerte Überraschung an der Garden Route.
Text/Fotos: ©Jörg Berghoff, PRB